50 Jahre Uniklinikum: Königsklasse der Krebsmedizin

50 Jahre Uniklinikum: Königsklasse der Krebsmedizin

Am Universitätsklinikum rechts der Isar werden alle Patienten im Rahmen eines Comprehensive Cancer Centers (CCC) versorgt. Dessen Auftrag ist eindeutig: Spitzenmedizin für Krebspatienten. Im Klinikum rechts der Isar ist dafür das RHCCC zuständig, besser bekannt als Roman-Herzog-Krebszentrum. Auch an der Ludwig-Maximilian-Universität gibt es ein CCC. Beide Institutionen bündeln ihr Expertenwissen im Comprehensive Cancer Center-München, (CCC-München), dem gemeinsamen Krebszentrum München, das von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) maßgeblich gefördert wird. 2014 ernannte es die Deutsche Krebshilfe zu einem ihrer derzeit 14 „Onkologischen Spitzenzentren“ in der Bundesrepublik. In dieser Königsklasse der deutschen Krebszentren sind nur solche Einrichtungen vertreten, die nach strengen Leitlinien besonders hohe Ansprüche in der Therapie, der Dokumentation, der begleitenden Unterstützung und der Forschung erfüllen.

Das geschieht am Rechts der Isar im 2010 gegründeten Roman-Herzog-Krebszentrum, dem Zusammenschluss von 35 Kliniken und Instituten des Klinikums. „Wir arbeiten interdisziplinär, alle onkologischen Fachrichtungen versorgen gemeinsam den Patienten, arbeiten gemeinsam an nationalen und internationalen Studien, entwickelngemeinsam neue Konzepte und setzen sie um. Das alles geschieht auf hohem Niveau“, sagte Professor Peter Herschbach, Direktor des Roman-Herzog-Krebszentrums und des Comprehensive Cancer Center-München. „Das gab es übrigens schon, bevor es den offiziellen Namen gab. Wir waren Wegbereiter der Entwicklung hin zu den CCCs“, ergänzte Professorin Stephanie Combs, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Radioonkologie und Strahlentherapie. Diese Funktion hat das RHCCC heute noch: Immer noch informieren sich andere Zentren hier, wie sie ihre eigene Arbeit in speziellen Teilbereichen optimieren können. Die Gründung des CCC-München 2013 habe den Anstoß gegeben „unsere Konzepte noch einmal weiterzuentwickeln. Das fängt an bei der Ernährungsberatung an und hört bei gemeinsamen Sprechstunden noch lange nicht auf“, so Professor Herschbach.

Unverzichtbar, gewissermaßen das Herz jedes Krebs-zentrums, sind die Tumorboards. Hier treffen sich die Fach-mediziner regelmäßig, und besprechen die Situation und die Therapie jedes einzelnen Patienten. Im Fall der Neuroonkologie seien das beispielsweise der Neurochchirurg, der Neuroradiologe, der Neurologe, der Strahlentherapeut, und der Neuropathologe. „Wenn es um eine Patientin geht, die zum Beispiel Brustkrebs mit Hirnmetastasen hat, dann ist der Gynäkologe auch mit dabei“. Das gelte auch bei allen anderen Krebserkrankungen, sagte Professorin Combs. Sie erläuterte auch das Procedere: „Jeder Patient wird von einem Kollegen vorgestellt: Alter, Erkrankungen, Therapien, aktuelle Probleme, Nebendiagnosen, auch Herzprobleme und Blutdruck, weil die einen Einfluss auf die Entscheidung haben, was man macht, ob man operieren kann oder nicht. Der Patient ist keine anonyme Nummer. Derjenige, der ihn vorstellt, kennt ihn, vielleicht sogar schon seine Präferenzen, seine sozialen Probleme.“ Alleine in der Neuroonkologie sind das rund 1400 Patienten im Jahr. „Jede Entscheidung, die wir im Tumorboard treffen, ist individuell, aber dennoch sehr stark formalisiert und an den Leitlinien ausgerichtet. Diese Leitlinien sind Kennzeichen eines funktionierenden Systems. Sie müssen aber den Patienten gesehen und ‚angefasst‘ haben, dann erst können Sie eine Entscheidung fällen“, ergänzte Professor Meyer, Direktor der Neurochirurgischen Klinik.

Wo das nicht so ohne weiteres möglich ist, gibt es gemeinsame Sprechstunden mit den Fachärzten und dem Patienten. Sie sind vor allem dann notwendig, wenn es mehrere Therapie-Alternativen gibt oder wenn die Krankheit schon so weit fortgeschritten ist, dass die Leitlinien nicht mehr greifen können. „Der Patient soll möglichst objektiv beraten werden. Beispielsweise, wenn die Entscheidung zwischen Bestrahlung und Operation ansteht“, sagte Professorin Combs.

 

Individuelle Therapiekonzepte und Neuro-Mapping

Im RHCCC legen die Mediziner neben der bestmöglichen Therapie großen Wert auf die psychoonkologische Beratung und Begleitung, die zudem ein Forschungsschwerpunkt ist. „Wir sehen den hohen Bedarf, denn die Patienten sind in einer seelischen Notlage, wenn sie zu uns kommen. Für alle onkologischen Disziplinen gibt es daher ein psychoonkologisches Screening. Das heißt, alle Patienten erhalten einen standardisierten Fragebogen, der relevante Belastungsfaktoren abfragt. Die Ergebnisse sind für uns ein Hinweis, ob der Patient psychoonkologische Unterstützung braucht, die ihm dann auch angeboten wird“, sagte Professor Herschbach.

Eine Universitätsklinik ist naturgemäß stark in der Forschung. „Wir machen in allen Bereichen der Onkologie klinische Studien in den verschiedenen Phasen. So vergleichen wir beispielswiese neue Techniken mit etablierten. Wir sind in den klinischen Bereichen, aber auch auf experimentellen Gebieten hervorragend aufgestellt“, sagte Professorin Combs. Ein entscheidender Vorteil sei, „dass wir in einer Technischen Universität verlinkt sind. Hier hat man den direkten Zugang zu Technik und Biologie. Es bestehen enge Kontakte zu den Ingenieuren, Physikern und anderen technischen Fächern. Die Kollegen, die zumeist in Garching oder in Weihenstephan sitzen, unterstützen uns sehr.“

Einer ihrer Schwerpunkte ist die Hochpräzisionsstrahlentherapie sowie die biologisch-individualisierte Strahlentherapie. „Wir wollen zum Beispiel den Einfluss von moderner Bildgebung auf Planung der Strahlentherapie untersuchen: Wie können wir die Behandlung fokussieren und damit die Bestrahlungsdosis am gesunden Gewebe reduzieren? Am Zentrum für Stereotaxie und Personalisierte Hochpräzisionsstrahlentherapie (StereotakTUM) werden in enger Zusammenarbeit mit den anderen onkologischen Fachabteilungen, vor allem aber mit der Radiologie, Neuroradiologie und Nuklearmedizin, diese Fragestellungen untersucht und individuelle Therapiekonzepte für Patienten angeboten. Darüber hinaus erforschen wir, wie die genauen Mechanismen der Strahlenwirkung sind, und ob wir diese durch zusätzliche Chemotherapien oder beispielsweise Immuntherapien verstärken können. Diese Fragestellungen werden in enger Zusammenarbeit mit dem Helmholtz Zentrum München untersucht“ sagte Professorin Combs.

Professor Meyer legt in der Forschung seinen Fokus „eher auf innovative OP-Techniken, sodass wir Tumore operieren können, die vielleicht woanders nicht operiert werden können.“ Dazu sind sehr spezifische Methoden notwendig, wie beispielsweise das sogenannte Neuro-Mapping. Damit werden das Motorik- und das Sprachzentrum im Gehirn eines Tumorpatienten – völlig schmerzfrei – mit der navigierten transkraniellen Magnetstimulation (nTMS) punktgenau lokalisiert. Forscher des Universitätsklinikums rechts der Isar haben diese Methode übrigens mitentwickelt. „So könnnen wir vorher genau planen. Und die Operation so steuern, dass alle Funktionen im wachen oder im narkotisierten Zustand überwacht werden können“, sagte Professor Meyer. Die Wirbelsäulenchirurgie ist ein weiteres Forschungsgebiet. „Sie wird auch in der Neuroonkologie immer mehr zu einem Schwerpunkt, weil viele Menschen, die ihren Krebs sehr lange überstehen, ein Problem mit Metastasen in der Wirbelsäule bekommen“, sagte der Experte. Das Hauptproblem sei, „dass diese Menschen in einer Krankheitsphase sind, in der die Immunkompetenz nicht mehr gut ist.“ Da die Operation jedoch minimalinvasiv erfolge, sinke die Infektionsrate drastisch. Der wissenschaftlich erwiesene Erfolg spricht für sich: „Jeder, der so operiert worden ist, bleibt funktionell so beweglich, dass er über einen deutlich längeren Zeitraum unabhängig leben kann. Die Lebensqualität ist deutlich höher, auch wenn er nicht länger lebt“, so Professor Meyer.

Für Professorin Combs ist „der beste Forschungserfolg in der Onkologie, dass viel mehr Patienten mit ihrer Erkrankung überleben oder länger leben als noch vor zehn bis 15 Jahren.“ Möglich geworden ist das wohl nur, weil die Wissenschaftler nicht im Elfenbeinturm arbeiten, sondern im RHCCC und im CCC-München interdisziplinär und international vernetzt sind.

Dorothea Friedrich

 

 

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