TUMCells: Luftröhren als Arzneimittel

TUMCells: Luftröhren als Arzneimittel

Paneuropäisches Forschungskonsortium startet klinische Studie

TUMCells, das interdisziplinäre Zentrum für Zelluläre Therapien am Klinikum rechts der Isar der TU München, beteiligt sich an einer klinischen Studie zur Behandlung von Patienten mit schweren Strukturveränderungen der Atemwege durch die Gewebezüchtung von Luftröhren. TUMCells betreibt ein Herstellungszentrum nach den Vorgaben der „guten Herstellungspraxis“ (Good Manufacturing Practice, GMP) und wird als eines von zwei europäischen Zentren die Luftröhren auf der Basis körpereigener Zellen der Empfänger produzieren. Die Studie startet 2016 und wird vom EU-Programm Horizon 2020 mit 6,8 Millionen Euro gefördert.

Schwere Strukturveränderungen der Luftröhre sind seltene, oft  lebensbedrohliche Erkrankungen, an denen 12.000 Patienten in Europa leiden. Ursachen können Tumorerkrankungen, angeborene Fehlbildungen oder Verletzungen der Luftröhre sein. Bisher müssen sich die Betroffenen wiederholten chirurgischen Eingriffen, etwa zum Einsetzen von Stents, unterziehen, die jeweils mit Risiken verbunden sind. 
Eine Alternative könnte in Zukunft die Implantation einer künstlichen Luftröhre darstellen. Durch die Züchtung von Geweben auf der Basis körpereigener Stammzellen, Tissue Engineering genannt, können Abstoßungsreaktionen vermieden werden, die beim Einsetzen fremden Gewebes auftreten. Ziel der klinischen Studie ist es, die Sicherheit und Wirksamkeit des Luftröhrenersatzes zu überprüfen. Außerdem soll die Herstellung und Lieferung validiert werden.

Am Konsortium TETRA unter der Leitung des Tissue Engineering-Unternehmens Videregen sind 13 Partner aus verschiedenen europäischen Ländern beteiligt, die Expertise in Bereichen wie regenerativer Medizin, Luftröhrenerkrankungen oder klinischen Studien mitbringen. TUMCells wurde als kontinentaler Standort neben dem UCL Royal Free Hospital London Centre for Cell, Gene and Tissue Therapeutics für die Herstellung von Geweben auf Basis patienteneigener Zellen (Tissue Engineering) ausgewählt. Die klinische Studie wird an fünf Standorten stattfinden:
• UCL Hospital NHS  Foundation Trust in London (GB)
• University Hospital of South Manchester NHS Foundation Trust (GB),
• Università degli studi di Brescia (Italien),
• Medizinische Universität Wien (Österreich) und
• Instytut Gruzlicy I Chorob Pluc (Polen).
Weitere Partner sind Cell Therapy Catapult, TMC Pharma, NHS Blood and Transplant und Euram.

Erste Patienten sollen ab 2017 an der Studie teilnehmen können. Ziel ist es, 2019 die europäische Marktzulassung für den Luftröhrenersatz zu erhalten und 2020 ein für Patienten verfügbares Produkt auf den Markt zu bringen.

Prof. Martin Hildebrandt, Leiter von TUMCells: „Wir haben in den letzten Jahren ein europäisches akademisches Netzwerk aufgebaut, das es nun ermöglicht, eine solche hochkomplexe Studie durchzuführen. Als Herstellungseinrichtung nach GMP erfüllen wir die geforderten Vorgaben für die Produktion zellbasierter Arzneimittel. Die umfassende Förderung für drei Jahre im Rahmen des EU-Programms Horizon 2020 hilft uns auch, den erheblichen Aufwand zu tragen, den die Bereitstellung eines GMP-Labors verursacht. Wir hoffen, mit der Studie einen wichtigen Schritt in Richtung regenerative Medizin der Zukunft zu machen.“

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