50 Jahre Uniklinikum: Innovationen für das Herz

50 Jahre Uniklinikum: Innovationen für das Herz

Sie sind buchstäblich gut fürs Herz. Denn die vierzig Mediziner und siebzig Pfl egekräfte am Universitätsklinikum rechts der Isar leisten pro Jahr rund 4000 Herz- und Gefäßeingriffe. Diese umfassen Darstellungen und Interventionen in den Herzkrankgefäßen, in den Gefäßen der Peripherie und der Halsschlagadern. Sie setzen Herzschrittmacher ein, machen Defibrillator-Implantationen, elektrophysiologische Untersuchungen und Ablationen und sind Experten im „großen Bereich der Klappeneingriffe“, wie Professor Karl-Ludwig Laugwitz, Leiter der Kardiologie, Angiologie und Pneumologie der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin, sagt. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Deutschen Herzzentrum München, das jährlich rund 6000 Patienten betreut, sei „eines der größten kardiovaskulären Zentren in München und darüber hinaus entstanden“.

Zum Nutzen der Patienten sind an beiden Standorten Herzteams, bestehend aus Kardiologen und Herzchirurgen, im Einsatz. „Wir haben keine Herzchirurgen, das Herzzentrum verfügt über keine Experten aus anderen Disziplinen“, sagt Professor Laugwitz. Viele ältere Menschen seien heutzutage bekanntlich multimorbid. „Da sind wir der Anknüpfungspunkt, wenn die Niere versagt oder sie einen Schlaganfall haben. Solche Patienten werden dann hier vor Ort in enger Abstimmung mit dem Herzzentrum betreut.“ Auch klinische Studien führt seine Abteilung gemeinsam mit dem Herzzentrum durch. Aktuell laufe eine Medikamentenstudie in beiden Kliniken. „Wenn man 4000 bis 8000 Patienten einbeziehen kann, gibt das valide Ergebnisse“, sagt Professor Laugwitz.

Für ihn bringt die enge Allianz entscheidende Vorteile: „Je mehr man macht, desto mehr Erfahrungen hat man, und desto weniger Fehler unterlaufen einem.“ Das zeige nicht zuletzt die Qualitätssicherung. Der Gesetzgeber verlange einen jährlichen Qualitätsbericht über alle Interventionen, also alle Eingriffe, die Durchleuchtungszeiten, die Kontrastmittel und über aufgetretene Komplikationen „Da schneiden wir immer gut bis sehr gut ab“, sagt der Kardiologe.

Neben der Patientenversorgung spielt die Wissenschaft eine gleichwertige Rolle. So war die Kardiologie im Universitätsklinikum rechts der Isar vor nicht einmal eineinhalb Jahren weltweit eine der ersten Kliniken, die den kleinsten Herzschrittmacher der Welt einsetzte. Dieser erinnert in Aussehen und Größe an eine etwas überdimensionierte Zahnplombe, gibt dem Patienten aber eine Riesenportion Lebensqualität und Bewegungsfreiheit zurück. „Die Schrittmacher waren vor dreißig Jahren noch riesig mit Kabeln und allem Drum und Dran“, sagt Professor Laugwitz. Mittlerweile werden die modernen Minimodelle nicht mehr unter die Haut, sondern gleich ins Herz implantiert, „ohne Kabel, ohne Verbindung zu einem Schrittmacheraggregat. Das läuft alles computergesteuert“.

Medizinische Innovationen wie der MitroClip sind seit mehreren Jahren fester Bestandteil im Repertoire der Kardiologen am Klinikum rechts der Isar. Mit ihnen können buchstäblich Leben gerettet werden. „Multimorbide alte Patienten mit Herzklappenfehler wurden früher kaum operiert, da das Sterberisiko zu hoch war. Nun kann ihnen in einem minimalinvasiven Verfahren diese ‚künstliche Herzklappe‘ eingesetzt werden. Die Klappentherapie mit Kathetern beforschen wir auch, das sind Beiträge zur klinischen Wissenschaft“, sagt Kardiologe Laugwitz.

Ein weiteres wichtiges Aufgabengebiet ist die Grundlagenforschung. „Die liegt uns sehr am Herzen. Da verstehen wir uns als forschende Mediziner“, sagt Professor Laugwitz. Auch hier sind die Kardiologen der TUM Vorreiter. So arbeitet Professor Christian Kupatt derzeit an regenerativenTherapieansätzen im Großtiermodell. Ziel sei, „die Gefäße wieder sprießen zu lassen und den Herzmuskelzellen nach einem Herzinfarkt die Möglichkeit zur Erholung zu geben“, sagt er. Professorin Alessandra Moretti und ihr Team arbeiten an Züchtungen von menschlichen Herzmuskelzellen in der Organkultur. Wie geschieht das? Die Antwort: „Wir setzen auf IPS-Zellen“. Was das ist? Eine Art Revolution in der Stammzellforschung, für die Shinya Yamanaka 2012 den Medizin-Nobelpreis erhielt. Diese „induzierten pluripotenten Stammzellen“, so der vollständige Name, werden gewonnen, indem man aus Patientenblut oder aus dessen Hautzellen Kardiomyozyten (Herzmuskelzellen) in der Kulturschale züchtet. Diese wiederum werden in einem Patch, einer Art Gewebeverband, weitergezüchtet und dann in ein Großtiermodell implantiert. Bevor diese Methode aber im Klinikalltag zur Anwendung kommen könne, sei es noch „ein sehr weiter Weg“, sagt Professor Laugwitz.

Professor Kupatt forscht zudem auf dem Gebiet der Gentherapie. Ihm geht es um „virale Vektoren, die eine bestimmte DNA kodieren und in der Zielzelle Eiweiße ausbilden, die dem Herzen beispielsweise fehlen. Letztendlich will man Zellen, die von Natur aus darnieder liegen, durch nützliche Gene wieder stärken und so zu einer besseren Pumpfunktion und einer besseren Durchblutung des Herzens gelangen.“ Ein weiteres Forschungsziel sei, „Erbkrankheiten mit innovativer Gentechnik zu behandeln, also nicht nur Gene zu ersetzen, sondern sie richtiggehend zu korrigieren“. So könne man möglicherweise Erbkrankheiten therapieren, „die Patienten am Herzen schädigen beziehungsweise zu einer verkürzten Lebenserwartung führen.“

Die forschenden Mediziner beobachten die Entwicklung koronarer Erkrankungen mit Sorge. Denn „die Herzinfarktpatienten werden immer jünger“. Eine Ursache sehen sie in deren ungesunder Lebensweise. „Wir können aber auch nachweisen, dass durch die Behandlungen in der Kardiologie die schweren Herzinfarkte international abnehmen. Wir sehen die Patienten früher und können sie entsprechend schützen. Das Früherkennungssystem ist sensitiver geworden. Hochsensitive Tests, Chest Pain Units, Nachsorge nach dem Infarkt, Kontrolluntersuchungen, Rehamaßnahmen oder Koronarsportgruppen tragen dazu bei“, sagt Professor Kupatt. Es seien „viele Zahnräder in einem Uhrwerk, die zu einer gelungenen Behandlung eines Herzpatienten beitragen“.

Dorothea Friedrich

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