50 Jahre Uniklinikum: Lippen-Kiefer-Gaumenspalten so perfekt wie möglich behandeln

50 Jahre Uniklinikum: Lippen-Kiefer-Gaumenspalten so perfekt wie möglich behandeln

Das Mädchen steht an der Schwelle zum Erwachsenwerden und sie hat ein großes Problem: Sie wurde mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte (LKG-Spalte) geboren. Heute kaum mehr zu sehen, da sie als Baby und später als Kind gut operiert wurde, aber für das Mädchen trotzdem schlimm. Sie wünscht sich eine weitere Korrektur, die alles unsichtbar macht: „Sie ist mitten in der Pubertät und da können auch ein paar Quadratzentimeter Haut eine große Rolle spielen“, erklärt Prof. Klaus-Dietrich Wolff. Eigentlich ist er Chirurg, doch ganz oft auch Psychologe. So wie heute, wo das lange Gespräch mit dem Mädchen viel Einfühlungsvermögen fordert. „Es ist wichtig, dass sie lernt, sich zu akzeptieren“, sagt er. Er hat selber Kinder und kann sich gut vorstellen, wie es der Jugendlichen geht – er nimmt sie ernst.

Wolff leitet die Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Klinikum rechts der Isar und sieht tagtäglich die Verzweiflung von jungen Eltern, die Selbstzweifel von pubertierenden Jugendlichen, aber auch die große Freude und Dankbarkeit nach gelungenen Eingriffen. „Wir haben seit Jahren steigende Patientenzahlen“, berichtet der Spalt-Spezialist. Das liegt zum einen daran, dass er und seine Mitarbeiter ihr Handwerk verstehen. Aber auch daran, dass die Eltern ihm vertrauen. „Versprechen muss man einhalten und ich würde nie ein Ergebnis versprechen, das ich nicht erzielen kann.“ Die in der Regel sehr gut informierten Eltern wissen das zu schätzen und kommen zahlreich – aus Bayern, Baden-Württemberg, Norddeutschland und auch aus dem Nachbarland Österreich. „Wir platzen hier aus allen Nähten“, meint Wolff. „Sehr viel mehr geht kaum.“

Prof. Klaus-Dietrich Wolff

Ich will, dass es perfekt wird.“ Auch wenn das im Endeffekt heißt: „Wir brauchen pro Kind jede Woche eine halbe Stunde, um die NAMPlatte zu justieren. Das bekommen wir nicht bezahlt, es ist unsere Freizeit.« Prof. Wolff

Die LKG-Spalte entsteht früh

Die LKG-Spalte entsteht ganz am Anfang einer Schwangerschaft. „Oft bereits, wenn die Frauen gerade erst ahnen, dass sie schwanger sind.“ Für die Mütter, so Wolff, sei es wichtig zu wissen, dass sie nichts für die Fehlbildung ihrer Kinder können. Anschuldigungen oder Selbstvorwürfe, dass irgendein Fehlverhalten die Entwicklung der Kinder gestört hat und es deshalb zur Spaltbildung kam, seien daher fehl am Platz. 

Die chirurgischen Möglichkeiten

Die chirurgische Versorgung einer LKG-Spalte erfolgt in mehreren, zeitlich getrennten Schritten: „Mit drei Monaten wird die Lippe operiert, der Gaumen mit zehn Monaten und der Kiefer mit etwa neun Jahren“, zählt Wolff auf. Die zeitlichen Abläufe der Behandlung sind in fast allen Krankenhäusern identisch, aber die Art der Behandlung in der Klinik von Wolff unterscheidet sich in einem Punkt – und sie ist dadurch wesentlich aufwändiger. Die kleinen Patienten bekommen ein paar Tage nach der Geburt, wie in allen anderen Krankenhäusern auch, eine Platte in den Kiefer eingepasst, die diesen bis zur endgültigen Operation verschließt. Aber wenn die Eltern wollen – und die meisten wollen – dann setzt Wolff den Babys statt der üblichen Trinkplatte etwas Besonderes ein: Nämlich eine Platte, die präoperativ das Wachstum des Gaumens lenkt und die Nasenflügel symmetrisch aufrichtet. Mit diesem sogenannten Nasoalveolar Molding werden die besten Voraussetzungen für die später erfolgende Korrektur geschaffen. Für Eltern und Kinder bedeutet diese Methode allerdings, dass sie einmal wöchentlich zum Nachjustieren der NAM-Platte in das Klinikum kommen müssen.

In Deutschland gibt es überhaupt nur drei Krankenhäuser, die das Nasoalveolar Molding anbieten, und „wir sind die Klinik, die es am konsequentesten macht“, berichtet der Chirurg. Und obwohl diese Technik die Voraussetzungen für eine spätere nahezu perfekte Symmetrie der Nasenflügel schafft, werden die Kosten von der Krankenkasse nicht übernommen. Für Wolff ist das kein Grund, es nicht anzubieten: „Ich will, dass es perfekt wird.“ Auch wenn das im Endeffekt heißt: „Wir brauchen pro Kind jede Woche eine halbe Stunde, um die NAM-Platte zu justieren. Das bekommen wir nicht bezahlt, es ist unsere Freizeit.“

Back to top