Das Transplantationszentrum stellt sich vor

Das Transplantationszentrum stellt sich vor

Was zeichnet das Transplantationszentrum am Klinikum rechts der Isar aus? Wie lange muss ich auf eine Niere warten? Wie gut sind die Erfolgsaussichten? Was muss ich bei einer Lebendnierenspende bedenken? Welche neuen OP-Verfahren gibt es? Diese und mehr Fragen hat das Expertenteam vom Klinikum rechts der Isar beim Patienteninformationstag am 16. März 2019 live beantwortet. Prof. Lutz Renders, Nephrologe und Leiter des Nierentransplantationsprogramms, und Privatdozent Dr. Volker Aßfalg, Chirurg und Leiter der Nieren-Transplantationschirurgie, erklären, was Patienten über eine Nierentransplantation wissen sollten:

Video-Interview zur Nierentransplantation am Klinikum rechts der Isar

 

 

Was erwartet Patienten, die in Ihr Zentrum kommen?

Prof. Renders: Ein mittelgroßes, familiäres Zentrum, das großen Wert auf eine umfassende und individuelle Beratung legt. Wir führen hier seit über 35 Jahren Nierentransplantationen durch und besitzen daher eine große Erfahrung. Im letzten Jahr haben wir 56 Menschen eine neue Niere transplantiert, davon waren 21 Nierenlebendspenden. Von dieser Erfahrung profitieren unsere Patienten.

Wie gut sind die Chancen, nach einer Nierentransplantation noch viele Jahre ohne größere Beschwerden leben zu können?

Dr. Aßfalg: Das hängt von vielen Faktoren ab, etwa dem Alter und Gesundheitszustand des Spenders und des Empfängers. Doch im Durchschnitt sind 86 Prozent der bei uns transplantierten Nieren nach fünf Jahren noch funktionstüchtig. In der Literatur findet man mitunter den Standardwert von 75 Prozent. Da liegen wir also deutlich drüber. Wir haben Patienten, die bereits seit dreißig Jahren mit ihrer neuen Niere leben, und denen es damit gut geht.

 

"86 Prozent der transplantierten Nieren nach 5 Jahren noch funktionstüchtig"

 

Was sind die Risiken einer Transplantation?

Prof. Renders: Es besteht ein – wenn auch geringes – Risiko für Komplikationen während der Operation. Es kann zu einer Infektion kommen oder zu einer Abstoßung der Niere. Es ist uns wichtig, Patienten darüber vorab ehrlich aufzuklären. Zu einem transplantationsbedingten Todesfall ist es bei meinen Patienten, ich arbeite seit sieben Jahren im Klinikum rechts der Isar und kümmere mich seit über 20 Jahren um Lebendnierentransplantationen, noch nicht gekommen.

Welche Rolle spielt die Lebendnierenspende im Klinikum rechts der Isar?

Dr. Aßfalg: Bei einer Lebendnierenspende schenkt ein Spender einem nierenkranken Empfänger, etwa einem Angehörigen oder Partner, seine gesunde Niere. Um diesen Eingriff zu machen, sollte ein Zentrum mindestens 15 solcher Operationen im Jahr durchführen. Diese Erfahrung haben wir. Aber uns ist noch etwas wichtig: Dass alle Beteiligten wissen, worauf sie sich einlassen. Daher bieten wir unseren Patienten und den potenziellen Spendern eine ausführliche und auch unabhängige Beratung an. Wir klären über die medizinischen Abläufe auf, und unsere Kollegen aus der Klinik für Psychosomatik sprechen einzeln mit dem Spender und dem Empfänger über Beweggründe, Ängste und Erwartungen. Die Nierenlebendspende führt meist zu besseren Ergebnissen, sollte aber trotzdem nur erfolgen, wenn sich kein Spenderorgan eines Verstorbenen finden lässt.

Wie lange müssen die Patienten auf eine Niere warten?

Prof. Renders: Die Vergabe einer Niere eines Verstorbenen koordiniert die europäische Stiftung Eurotransplant. Wir haben darauf keinen Einfluss. Der Patient kommt auf eine Warteliste, und verschiedene Merkmale beeinflussen, wie schnell ein Spenderorgan gefunden werden kann. Dazu zählen etwa die Blutgruppe und der Gewebetyp des Spenders und des Empfängers. Im Februar 2019 sind laut Eurotransplant europaweit die Nieren von 268 Verstorbenen entnommen worden. Auf der Warteliste für neue Nieren standen im Februar 2019 europaweit jedoch 10.266 Menschen, in Deutschland 7.119. Das verdeutlicht, wie es zu den langen Wartezeiten kommt. Im Schnitt warten Patienten laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) sechs Jahre auf eine Spenderniere.

 

"Lebendnierenspende oft als Schlüsselloch-OP"

 

Was hat sich in den letzten Jahren an den Operationsverfahren geändert?

Dr. Aßfalg: Vor allem bei der Entnahme der Niere bei einer Lebendspende hat sich etwas geändert. Wir führen inzwischen über die Hälfte dieser Operationen laparoskopisch durch, also per Schlüsselloch-OP. Der laparoskopische Eingriff hat am Klinikum rechts der Isar eine große Tradition und die Kollegen lernen voneinander. Studien haben gezeigt, dass die laparoskopische Entnahme für den Spender von Vorteil ist. Er muss nicht so lange im Krankenhaus bleiben, benötigt weniger Schmerzmittel und kehrt eher wieder an den Arbeitsplatz zurück als nach einer offenen Operation. Manche Kliniken führen inzwischen auch die Transplantation der Niere laparoskopisch durch. Uns überzeugen die Studiendaten allerdings noch nicht. Wir sind sehr an neuen Techniken interessiert und als Universitätsklinikum fühlen wir uns verpflichtet, eine Vorreiterrolle einzunehmen. Wir lassen uns jedoch erst dann auf eine Neuerung ein, wenn wir ganz sicher sind, dass sie dem Patienten nützt.   

 

"Transplantationschirurgie wird noch sicherer"

 

Wie sieht die Zukunft der Nierentransplantation aus?

Dr. Aßfalg: Wir erwarten, dass in Zukunft auch roboterassistierte Chirurgie zum Einsatz kommt. Die Kollegen in der Klinik für Urologie haben bereits jahrelange Erfahrung mit dem DaVinci©-System, einem roboterassistierten Operationssystem. Wir eignen uns diese Technik gerade an und beobachten die Entwicklung. Jede Neuerung dient dazu, die Operationen noch sicherer und schonender für den Patienten zu machen. Daher halten wir die Augen offen, was sich auf dem Gebiet tut.

Prof. Renders: Bislang werden in Deutschland längst nicht alle Organspenden realisiert, zu denen sich Verstorbene zu Lebzeiten bereit erklärt hatten. Manchen Kliniken fehlen bisher die Zeit und das Geld, um diesen aufwändigen Eingriff durchzuführen. Wir sollten deutschlandweit gemeinsam daran arbeiten, dass sich die Situation verbessert. Tatsächlich tut sich auch schon etwas. So tritt ab dem ersten April 2019 ein neues Gesetz in Kraft, das die Entnahmekrankenhäuser besser unterstützt. Wir hoffen auch, durch Aufklärungsarbeit mehr Menschen für das Thema Organspende zu interessieren. Die Zahl der Organspender sinkt seit 2011 stetig. Doch möglicherweise ist eine Trendwende in Sicht. Immerhin ist im letzten Jahr die Spendenbereitschaft in Deutschland wieder leicht angestiegen. Aber es ist noch Luft nach oben.

 

PD Dr. Volker Aßfalg und Prof. Lutz Renders, Leiter des Nierentransplantationsprogramms am Klinikum. Foto: F. Hübener

Beteiligte Fachbereiche und Kliniken: 

Interdisziplinäres

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