Maßgeschneiderte Stentprothese für die Schlagader

Maßgeschneiderte Stentprothese für die Schlagader

Gefäßchirurgen am Klinikum rechts der Isar haben einer Patientin in einer Notfalloperation eine selbst modifizierte Stentprothese eingesetzt – und ihr damit das Leben gerettet. Die Situation war akut: Eine 65-jährige Patientin mit Bauchspeicheldrüsenkrebs hatte sich nach mehreren Operationen zunächst gut erholt, als eine Blutung an der Brust-Bauch-Hauptschlagader auftrat. Sie schwebte in Lebensgefahr. Eine Versorgung der Blutung durch ein offen chirurgisches Vorgehen war aufgrund von starken Verwachsungen durch die vorherigen Operationen ausgeschlossen. So entschloss sich ein Team der Klinik für Gefäßchirurgie (Klinik und Poliklinik für Vaskuläre und Endovaskuläre Chirurgie), geleitet von Prof. Hans-Henning Eckstein, den Eingriff endovaskulär durchzuführen und eine selbst modifizierte Aortenprothese anzufertigen und einzusetzen.

Der Hybrid-OP-Saal der Klinik für Gefäßchirurgie am Klinikum rechts der Isar. Unser Gefäßchirurgen haben einer Patientin in einer Notfalloperation eine selbst modifizierte Stentprothese eingesetzt – und ihr damit das Leben gerettet.

Der Hybrid-OP-Saal der Klinik für Gefäßchirurgie am Klinikum rechts der Isar. Unsere Gefäßchirurgen haben einer Patientin in einer Notfalloperation eine selbst modifizierte Stentprothese eingesetzt – und ihr damit das Leben gerettet.

Maßgefertigte Stents auch im Notfall

Der schwierige und äußerst komplexe Eingriff gelang den Operateuren Michael Kallmayer, leitender Oberarzt der Gefäßchirurgie, Matthias Trenner, Oberarzt und Leiter des Münchner Aortenzentrums, und Oberarzt Christoph Knappich. „Wir sind gut vorbereitet in die OP gegangen, mit einem klaren Plan, den wir dann zügig im Team umsetzen konnten. Die Herausforderung bestand darin, unter außerordentlichem Zeitdruck das einzig mögliche und hochkomplexe Therapieverfahren umzusetzen“, erzählt Michael Kallmayer. Während die Patientin in einem Hybrid-Operationssaal notfallmäßig vorbereitet wurde, erfolgte in einem zweiten OP-Saal die Anpassung einer herkömmlichen endovaskulären Stentprothese an die individuelle Gefäßanatomie der 65-Jährigen (endovaskulär = das Innere der Gefäße betreffend). „Maßgefertigte Stents kann man bei Medizinproduktfirmen bestellen, doch die Fertigstellung benötigt acht Wochen und länger“, sagt Matthias Trenner. „Im Notfall ist das keine Option. Für die Vorbereitung unseres Eingriffs mit einem maßgefertigten Stent brauchen wir etwa anderthalb Stunden. In diesem Fall waren wir sogar noch etwas schneller.“

Vom Chirurgen individuell angepasst: Physician Modified Devices

Das Aortenzentrum der Klinik für Vaskuläre und Endovaskuläre Chirurgie am Klinikum rechts der Isar in München bietet als eines von wenigen Zentren weltweit sogenannte „Physician Modified Devices“ an: von Chirurg*innen modifizierte Stentprothesen, die mit sogenannten Fenestrierungen (Öffnungen) oder Seitärmchen modifiziert werden, um komplexe Aortenpathologien (in der Regel Aortenaneurysmen) behandeln zu können. Auf diese Weise ist es möglich, auch Patient*innen mit dringlichem Behandlungsbedarf mit der schonenden endovaskulären Methode der Stentgraftversorgung zu behandeln.

„Wir ersparen den Patient*innen damit, dass ihnen komplett der Bauch aufgeschnitten wird. Außerdem ist gerade in Fällen, in denen die Organarterien und die Nierenarterien betroffen sind, bei einer offenen Operation das Risiko hoch, dialysepflichtig zu werden oder Durchblutungsstörungen des Darms zu bekommen, was mit einem künstlichen Darmausgang einhergehen kann“, so Matthias Trenner. „Natürlich birgt auch unsere Stentimplantation Risiken. Doch Belastung und Trauma sind für die Patient*innen erheblich geringer.“ Die meisten können bereits wenige Tage nach der OP wieder aufstehen und sich normal bewegen.

Viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung

Das Anfertigen von maßgeschneiderten Prothesen erfordert viel Know-how, große Erfahrung und modernste Technik. Sie wird nur von wenigen spezialisierten Zentren durchgeführt. „Natürlich gehört auch ein gewisses Maß an Selbstvertrauen dazu“, so Trenner. „Denn man könnte in einer solchen akuten Situation auch sagen, dem Patienten ist nicht mehr zu helfen.“ Am Klinikum rechts der Isar wurden in den vergangenen drei Jahren bereits mehrere dieser hochkomplexen Eingriffe durchgeführt. Außergewöhnlich war in diesem Fall jedoch die akute Blutungssituation. „Die Patientin hat den Eingriff im Übrigen ohne Komplikationen überstanden und erholt sich gut, das ist am Ende das Entscheidende“, so Michael Kallmayer.

Eine modifizierte Stentprothese, die Ärzte z.b. bei einem Aortenriss einsetzen können (Foto: Heiko Wendorff)

Eine modifizierte Stentprothese, die Ärzte z.b. bei einem Aortenriss einsetzen können (Foto: Heiko Wendorff)

Beteiligte Fachbereiche und Kliniken: 

Klinik und Poliklinik für

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