Studie des Klinikums rechts der Isar gibt Einblicke in mögliche Ursprünge des Immungedächtnisses

Studie des Klinikums rechts der Isar gibt Einblicke in mögliche Ursprünge des Immungedächtnisses

Natürliche Killerzellen sind Teil des angeborenen Immunsystems. Sie erkennen Virus-infizierte Zellen und zerstören sie. Bei einer Infektion wird ein kleiner Teil der effektivsten Killerzellen ausgewählt und selektiv vermehrt. Das zeigte nun erstmals ein Team des Instituts für medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene am Klinikum rechts der Isar. Es könnte sich dabei um eine einfache und evolutionär alte Form des Immungedächtnisses handeln.

 

Verteilung des Ly49H-Rezeptors auf der Oberfläche von unterschiedlichen Natürlichen Killerzellen.

Die Grafik zeigt die Verteilung des Ly49H-Rezeptors auf der Oberfläche von unterschiedlichen Natürlichen Killerzellen. Abhängig von der Menge des Oberflächenmoleküls vermehren sich einzelne Zellen stärker oder schwächer.

Mehr als die Hälfte der Menschen weltweit sind mit dem Cytomegalievirus (CMV) infiziert, das lebenslang im Körper bleibt. Normalerweise verlaufen diese Infektionen symptomlos. Natürliche Killerzellen (NKs) halten die Viren zusammen mit T-Zellen effektiv in Schach. Bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem können aber schwere Erkrankungen auftreten. NKs besitzen Oberflächenmoleküle, die CMV-infizierte Zellen erkennen. In Mäusen übernimmt diese Erkennung der Rezeptor Ly49H. Es ist bekannt, dass NKs, die ihn besitzen (Ly49H-NKs), besonders effektiv in der Zerstörung CMV-befallener Zellen sind.

 

Rezeptormenge entscheidet über Effektivität

Dr. Veit Buchholz, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene am Klinikum rechts der Isar, und sein Mitarbeiter Dr. Simon Grassmann wollten herausfinden, was genau mit diesen Ly49H-NKs während einer CMV-Infektion geschieht. Sie verfolgten dafür in CMV-infizierten Mäusen Immunreaktionen die von einzelnen Ly49H-NKs ausgingen.

Sie stellten fest, dass sich einzelne Ly49H-NKs extrem unterschiedlich vermehrten. Dieses unterschiedliche Verhalten wurde von der Menge der Ly49H-Rezeptoren bestimmt, die auf der Außenhülle vorhanden waren. Zellen, die viel Ly49H hatten, vermehrten sich deutlich besser und bekämpften CMV damit effektiver. Diese Eigenschaft schien vererbbar zu sein. Die Nachkommen einer NK glichen in der Menge von Ly49H ihrer ‚Elternzelle‘. Eine derartige Vererbung von quantitativen Merkmalen war bisher bei NKs noch nicht beobachtet worden.

Das Autorenteam der Studie (v.l.n.r.): Ludwig Pachmayr, Dr. Veit Buchholz, Dr. Simon Grassmann

Das Autorenteam der Studie (v.l.n.r.): Ludwig Pachmayr, Dr. Veit Buchholz, Dr. Simon Grassmann

Hinweis auf „altes“ immunologisches Gedächtnis

„Wirklich interessant war aber, dass auch nach dem Höhepunkt der Immunantwort die Killerzellen, die eine hohe Anzahl von Ly49H hatten, vermehrt nachweisbar blieben“, erklärt Grassmann. Das sei ein wichtiger Hinweis für die Existenz eines einfachen immunologischen Gedächtnisses auf Basis von NKs, ergänzt er.

Denn das Prinzip eines Immungedächtnisses kann nur funktionieren, wenn es einen Selektionsmechanismus gibt, der die effektivsten Zellen für die Bekämpfung einer Infektion vervielfältigt und diese dann erhalten bleiben. „Wir zeigen, dass bei NKs, die ein Teil des evolutionär alten, angeborenen Immunsystems sind, allein die Rezeptormenge als Merkmal ausreicht, um Selektion auf simpler Ebene zu erreichen“, erklärt Buchholz. Auch für den Menschen könnten diese Erkenntnisse wichtig sein. Dort gibt es in NKs einen entsprechenden Rezeptor, der bei CMV-Infektionen eine wichtige Rolle spielt.

„Strichcode“ aus Fluoreszenzproteinen

Das passende Werkzeug, um erstmals einzelne NKs in Lebewesen zu verfolgen, hatte Grassmann zusammen mit dem Medizindoktoranden Ludwig Pachmayr im Rahmen des Promotionsprogramms „Translationale Medizin“ der TUM entwickelt: Mit Hilfe eines aus Fluoreszenzproteinen bestehenden „Strichcodes“ ließen sich bis zu 30 einzelne NKs und ihre Nachkommen voneinander unterscheiden und verfolgen. Als nächstes wollen die Forscher verstehen, wie NKs die Information über die Menge des Rezeptors an ihre „Nachkommen“ weitergeben. NKs gelten als mögliche Alternative zu T-Zellen in der Immuntherapie von Infektionen und Tumorerkrankungen.

 

Beteiligte Fachbereiche und Kliniken: 
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