Tumororthopädie: Das Muskuloskelettale Tumorzentrum stellt sich vor

Tumororthopädie: Das Muskuloskelettale Tumorzentrum stellt sich vor

Tumoren am menschlichen Bewegungsapparat sind selten, ihre Erscheinungsformen dafür vielfältig. Beim Patiententag des Muskuloskelettalen Tumorzentrums (MSTZ) am Klinikum rechts der Isar am 8. Juli hatten Interessierte die Gelegenheit, sich über die wichtigsten Behandlungsmöglichkeiten zu informieren.

Bei dem einen ist es eine wachsende Geschwulst, andere spüren plötzlich Schmerzen in den Gliedern. Nicht schlimm vielleicht, aber ausreichend, sich Sorgen zu machen – vor allem, wenn bereits Auffälligkeiten festgestellt wurden. Wer Gewissheit sucht, für den ist die Tumorsprechstunde unserer Klinik für Orthopädie unter Leitung von Prof. Rüdiger von Eisenhart-Rothe die erste Adresse. Sie ist täglich von Montag bis Freitag geöffnet und kann – zusammen mit einer kompetenten Diagnose – womöglich sofort Entwarnung geben.

Das Behandlungsspektrum des dort tätigen Ärzteteams umfasst alle Formen von gut- und bösartigen Tumoren am Skelettsystem. Primäre bösartige Knochentumoren kommen eher selten vor: Während in Deutschland die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen bei Weichteilsarkomen bei rund 3000 Fällen liegt, sind es bei primären bösartigen Knochentumoren nur etwa 800 Fälle – angesichts von knapp 83 Millionen Einwohnern ist das sehr wenig.

Keine eindeutigen Ursachen für Knochenkrebs

Im Gegensatz zum Lungenkarzinom gibt es beim Knochenkrebs in den meisten Fällen weder eindeutige Ursachen noch bestimmte Risikogruppen. „Unser jüngster Patient war zwei, der älteste 97 Jahre“, sagt Carolin Knebel, leitende Oberärztin der Tumororthopädie. „Auch genetisch bedingt ist Knochenkrebs sehr selten. Daran zu erkranken ist vermutlich einfach Pech.“ Insgesamt behandelt die Tumororthopädie pro Jahr etwa 300 bis 400 Patienten mit neu aufgetretenen gut- und bösartigen Tumoren des Bewegungsapparats.

Neben primären Knochentumoren kümmern sich die Tumororthopäden um Patienten mit Metastasen. Insbesondere Brust-, Nieren- und Prostatakrebs sowie Bronchial- und Schilddrüsenkarzinome können ihre Tumorzellen über Lymph- oder Blutbahnen in die Knochen streuen. „Wir kommen ins Spiel, wenn Metastasen im Knochen sitzen und Bruchgefahr besteht“, fasst Ulrich Lenze, Oberarzt der Tumororthopädie, zusammen. „Oder wenn es um Weichteilmetastasen geht, die unbedingt operativ entfernt werden müssen.“

Individueller Behandlungsplan für jeden Patienten

Prinzipiell gibt es bei bösartigen Tumoren des Bewegungsapparates drei Behandlungsmöglichkeiten: Operation, Chemo- und Strahlentherapie. Welche davon die hilfreichste ist oder ob möglicherweise eine Kombination daraus die beste Lösung darstellt, wird in der Tumorkonferenz entschieden. In ihr tauschen sich die Spezialisten jeder an der Behandlung eines Patienten beteiligten Abteilung aus – immer mit dabei: Orthopäden, Radiologen, Pathologen, Strahlenärzte und Onkologen.

Sehr häufig bildet eine interdisziplinäre Versorgung – etwa die Kombination von Operation mit Chemotherapie oder eine Strahlentherapie mit operativer Entfernung des Tumors – den Königsweg. Die Behandlungserfolge sind unter bestimmten Umständen sehr gut. Gerade bei Ewing- und Osteosarkomen, bösartigen Knochentumoren wie sie im Kinder- und Jugendalter auftreten können, hat die Chemotherapie die Heilungschancen enorm verbessert. „Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt durch die Einführung einer chemotherapeutischen Behandlung bei bis zu 70 Prozent. Früher schafften es nur etwa 20 Prozent der Erkrankten“, so Lenze. „Das ist eine richtige Erfolgsstory.“

Keine Angst vor Amputationen

Bösartige Knochentumoren müssen vollständig entfernt werden, aus verbleibenden Krebszellen könnten neue Tumoren entstehen. Die größte Angst fast aller betroffenen Patienten ist daher die vor einer Amputation. „Dabei können wir Patienten diese Furcht eigentlich nehmen“, sagt Knebel. „Amputationen sind wirklich selten. Selbst bei weit fortgeschrittenen Tumoren können wir die Gliedmaßen in den meisten Fällen erhalten.“ In wenigen Ausnahmefällen sei sie aber doch sinnvoll und bringe dem Patienten Erleichterung. Beispielsweise wenn er als Folge der Erkrankung sein Bein nicht mehr bewegen könne und es als Fremdkörper empfinde.

„Wir arbeiten mit dem Pik-Projekt zusammen, einer Vereinigung von Amputierten, die als Betroffene mit Patienten sprechen. Das bedeutet vielen eine echte Hilfe. Außerdem werden alle unsere Tumorpatienten von Anfang an auf seelische Belastungssituationen untersucht und gegebenenfalls durch die Kollegen der Psychoonkologie mitbetreut“, so Knebel. „Wir lassen niemand mit seinen Ängsten im Regen stehen.“

Schonende OP-Methoden und biologische Rekonstruktion

Bei allen Eingriffen wird so schonend wie möglich operiert und, wenn möglich, der betroffene Knochenanteil nach der Entfernung des Tumors biologisch, d.h. mit körpereigenem Knochenmaterial, rekonstruiert. „Gerade bei Kindern und jungen Patienten versuchen wir, auf dauerhaft verbleibende Fremdmaterialien wie Gelenkprothesen zu verzichten“, sagt Lenze. „Wir bieten biologische Rekonstruktionen in einem sehr breiten Spektrum an, das ist eines unserer Spezialgebiete.“

Dank ihrer Expertise ist die Tumororthopädie des Klinikums rechts der Isar anerkanntes Sarkomzentrum der Arbeitsgemeinschaft Knochentumoren. Außerdem durchläuft sie gerade die Zertifizierung zum „Sarkomzentrum“ nach dem OnkoZert-Standard der Deutschen Krebsgesellschaft – das haben bislang nur fünf andere deutsche Kliniken geschafft.

Wer sich zum Thema informieren möchte, hat dazu am Patiententag am 8. Juli ab 17:30 Uhr im Hörsaal Pavillon des Klinikums rechts der Isar Gelegenheit. Neben Vorträgen über gängige Behandlungsmöglichkeiten gibt es in den anschließenden Diskussionsrunden die Möglichkeit, Fragen zu stellen. 

Beteiligte Fachbereiche und Kliniken: 

Klinik und Poliklinik für

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