Von der Luftfahrt lernen - Medizin sicherer machen

Von der Luftfahrt lernen - Medizin sicherer machen

Die Technische Universität München, das Klinikum rechts der Isar, das Klinikum St. Elisabeth Straubing und Lufthansa Aviation Training haben gemeinsam ein neuartiges Zertifikatsprogramm im Bereich Patientensicherheit entwickelt. Dabei werden Methoden aus Hochzuverlässigkeitsorganisationen wie der Luftfahrt auf den medizinischen Bereich übertragen. Ziel ist es, die Sicherheit von Patient*innen in medizinischen Einrichtungen zu erhöhen und medizinisches Personal im Umgang mit Risikosituationen besser zu schulen.

Das Thema Patientensicherheit gewinnt in Deutschland nicht zuletzt durch die Corona-Krise massiv an Bedeutung und Aufmerksamkeit. Gleichzeitig werden Abläufe in medizinischen Einrichtungen immer komplexer; die Fach- und Führungskräfte dort müssen laufend mit herausfordernden Situationen umgehen: Schon kleine Fehler des Personals, der Technik oder bei Prozessabläufen können weitreichende Folgen haben. Die Sicherheit von Patient*innen spielt daher eine immer wichtigere Rolle für Kliniken und Behörden. Das Zertifikatsprogramm „Fokus Patientensicherheit“, das am Institute for LifeLong Learning der Technischen Universität München (TUM) angeboten wird, soll medizinische Fachkräfte im vorausschauenden Umgang mit Risiken ausbilden und die Patientensicherheit in deutschen medizinischen Einrichtungen erhöhen. Vorbild sind sogenannte Hochzuverlässigkeitsorganisationen wie die Luftfahrt.

„Um echten Wandel herbeiführen zu können, müssen wir neueste wissenschaftliche Erkenntnisse mit medizinischer Praxis verbinden. Gleichzeitig wollen wir ‚out of the box’-Denken fördern, um neue Lösungsansätze für die täglichen Herausforderungen von Fachkräften im Gesundheitswesen zu entwickeln“, sagt Prof. Dr. Claudia Peus, Vizepräsidentin für Talentmanagement und Diversity der TUM sowie Gründungsdirektorin des TUM Institute for LifeLong Learning. „Durch das Zertifikatsprogramm ist es uns gelungen, all diese Aspekte erstmalig zu verbinden. Erfahrene Partner bringen ihre jeweilige, starke Expertise ein, durch welche nun das Gesamtbild des Zertifikats ‚Fokus Patientensicherheit‘ entsteht.“

„Faktor Mensch“ steht im Mittelpunkt des Programms

Prof. Dr. Markus Schwaiger, bis 30. Juni 2021 Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender am Klinikum rechts der Isar der TUM, ergänzt: „Die medizinischen Prozesse werden immer komplexer und bedürfen deshalb einer verstärkten interdisziplinären und interprofessionellen Kommunikation. Daher rückt menschliches Verhalten in den Mittelpunkt von Risikomanagement zur Optimierung der Patientensicherheit.“

Dr. Christoph Scheu, Geschäftsführer des Klinikums St. Elisabeth Straubing, betont die Relevanz des Themas: „In den USA sterben jährlich etwa eine Viertelmillion Menschen durch medizinische Fehler. Für Deutschland sind die genauen Zahlen zwar nicht erhoben, umgerechnet würde dies jedoch ca. 60.000 Menschen entsprechen – eine erschreckend hohe Zahl. Wir wollen gemeinschaftlich dazu beitragen, die Sicherheit in medizinischen Einrichtungen weiter zu erhöhen.“
„Die Luftfahrt ist weltweit eines der sichersten Systeme, das sich durch die kontinuierliche Vorbereitung auf unvorhersehbare, kritische Ereignisse auszeichnet“, schließt Martin Egerth, Process Manager Beyond Aviation bei Lufthansa Aviation Training, ab. „Wir freuen uns, diese Expertise im neuen Zertifikatsprogramm auf medizinische Situationen übertragen zu können. Jede Klinik kann durch die Anwendung der Methoden und den Fokus auf den Faktor Mensch zu einer ‚High Reliability Organisation‘ werden, wie wir sie aus der Luftfahrt kennen.“

Zertifikatsprogramm startet erstmals im September 2021

Zu den Inhalten der Weiterbildung gehören Lösungsansätze zur Sicherheit im Gesundheitswesen. Die erfahrenen Referent*innen aus Medizin, Luftfahrt und Risikomanagement stellen unter anderem erfolgreiche Konzepte aus dem „Human-Factors-Training“ der Luftfahrt vor und übertragen diese auf klinisch relevante Situationen aus dem Arbeitsumfeld der Teilnehmer*innen. In Simulationstrainings üben die Teilnehmer*innen, wie gute Kommunikation auch unter schwierigen Bedingungen gelingt und Teams trotzdem konstruktiv zusammenarbeiten können.

Stichwort TUM Institute for LifeLong Learning

Das TUM Institute for LifeLong Learning unterstützt internationale Fachexpert*innen und Führungskräfte aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft dabei, den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts durch wissenschaftlich fundierte und technologiegestützte Fach- und Führungskräfteentwicklung erfolgreich zu begegnen. Dazu bietet das Institute innovative Weiterbildungsangebote an, welche die neuesten Forschungsergebnisse aus den Technik- und Naturwissenschaften auf praxisorientierte Art vermitteln. Die Technische Universität München hat das TUM Institute for LifeLong Learning im Januar 2021 eröffnet, um die TUM als Ort des lebenslangen Lernens zu manifestieren.
 

Prof. Dr. Claudia Peus, Vizepräsidentin für Talentmanagement und Diversity der TUM sowie Gründungsdirektorin des TUM Institute for LifeLong Learning.

Prof. Dr. Claudia Peus, Vizepräsidentin für Talentmanagement und Diversity der TUM sowie Gründungsdirektorin des TUM Institute for LifeLong Learning. Foto: Astrid Eckert/TUM

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