Vor 60 Jahren: Überlebende des Flugzeugunglücks in München werden am Klinikum rechts der Isar behandelt

Vor 60 Jahren: Überlebende des Flugzeugunglücks in München werden am Klinikum rechts der Isar behandelt

Fans des Fußballclubs Manchester United besuchen die Wirkungsstätte der „Angels of Munich“. Als Dank für den Einsatz vor 60 Jahren schenken sie dem Klinikum rechts der Isar zwei Kunstwerke.

Der 6. Februar 1958 war ein schwarzer Tag für den europäischen Fußball: Bei einem Flugzeugunglück am Flughafen München-Riem kamen insgesamt 23 Menschen ums Leben, acht von ihnen Spieler des englischen Vereins Manchester United. Die zum Teil schwer verletzten Überlebenden wurden im Klinikum rechts der Isar behandelt. Das Team um den damaligen Chefarzt Prof. Georg Maurer leistete Extraschichten, um die Verunglückten zu versorgen. Ganz England war damals den „Angels of Munich“ dankbar, Prof. Maurer wurde von Königin Elizabeth II. geehrt. Anlässlich des 60. Jahrestags des Flugzeugunglücks besuchte heute eine Delegation aus Manchester das Klinikum. Die Teilnehmer überreichten dem Klinikum zwei Kunstwerke, die im Rahmen einer Feierstunde enthüllt wurden.

Auch nach 60 Jahren erinnern sich zahlreiche Anhänger des Clubs an das „Munich Air Disaster“, das prägend für die Geschichte des Vereins war. Eine Gruppe von Fans hat zwei Kunstwerke in Auftrag gegeben, um ihre Dankbarkeit gegenüber dem Klinikum auszudrücken. Ein Bild zeigt die junge Mannschaft von Manager Matt Busby, wegen ihrer Jugend auch Busby Babes“ genannt, nach dem erfolgreichen Spiel gegen Belgrad. Das zweite Bild ist eine Collage, auf der einerseits die Mannschaft von Manchester United und andererseits Matt Busby und seine Frau zusammen mit Prof. Maurer, einer Ärztin und zwei Krankenschwestern vor dem Klinikum rechts der Isar zu sehen sind.

Das Flugzeugunglück

Die Maschine war auf dem Rückflug von Belgrad, wo Manchester United am Vorabend gespielt hatte. Nach einer Zwischenlandung in München missglückte der Start im Schneesturm, das Flugzeug raste in ein Haus, zerbrach und ging in Flammen auf. 21 der 44 Insassen waren sofort tot, zwei starben später im Krankenhaus. In der Maschine saßen neben der kompletten Fußballmannschaft von Manchester United weitere Mitglieder des Clubs, acht Sportjournalisten und einige Unbeteiligte.

Die Versorgung der Patienten

Die meisten der verletzten Passagiere wurden ins Klinikum rechts der Isar gebracht. Hier leisteten Ärzte und Pflegekräfte um Chefarzt Prof. Maurer geradezu Übermenschliches, um die teilweise lebensgefährlich Verletzten zu retten. Die Chirurgen und Unfallchirurgen waren in den ersten Tagen nach dem Unglück rund um die Uhr im Einsatz, mit nur wenigen Stunden Schlaf. Da damals Intensivstationen in deutschen Kliniken noch nicht üblich waren, wurden zwei Räume im OP-Bereich spontan zur Intensivstation umfunktioniert, um die lebensgefährlich Verletzten optimal überwachen zu können. Neben zahlreichen Brüchen, Kopf- und Schnittverletzungen sowie Verbrennungen litten einzelne Unglücksopfer an schweren inneren Verletzungen, eine Person war querschnittsgelähmt. Während einige Patienten bereits nach wenigen Tagen entlassen werden konnten, musste andere wie etwa Trainer Matt Busby mehrere Monate im Klinikum rechts der Isar behandelt werden.

Das Klinikum rechts der Isar war für damalige Verhältnisse sehr gut auf die Versorgung der Schwerverletzten vorbereitet. Zum einen hatte das Klinikum seit 1957 seine Operationskapazitäten ausgeweitet: Es verfügte nun über fünf gut ausgestattete OP-Säle, die die Behandlung der zahlreichen Verletzten ermöglichten. Zum einen hatte Prof. Maurer große Expertise in der Versorgung von Unfallopfern. Zum anderen hatte eine Abteilung für Neurochirurgie eingerichtet und das Klinikum an den Rettungsdienst angeschlossen. Mit seinem Team hatte er sich auch auf Notfalleinsätze vorbereitet. Unterstützung kam aus Freiburg von Nierenspezialisten, die die damals neuartige „künstliche Niere“ zur Dialyse von Nierenerkrankten mit ins Rechts der Isar brachten.

Dankbares England

Neben großer Trauer um die Verstorbenen herrschte in England, insbesondere in Manchester, große Dankbarkeit gegenüber den Ärzten und Pflegekräften des Klinikums, die sich um die Verletzten kümmerten. Prof. Maurer und sein Team erhielten eine Einladung nach England, wo neben dem Bürgermeister von Manchester auch die Queen ihren Dank ausdrückte. Sie ernannte Prof. Maurer zum Commander of the Order of the British Empire. Anlässlich der Jahrestage des Unglücks besuchten regelmäßig Überlebende und Fans von Manchester United das Klinikum.

Schwerstverletztenversorgung heute

Heute gibt es am Klinikum rechts der Isar ein überregionales Traumazentrum, das von der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) zertifiziert ist. Es verfügt über mehrere Schockräume, in denen Schwerverletzte leitlinienkonform versorgt werden. Das Klinikum hat inzwischen über 40 OP-Säle und mehrere hochspezialisierte Intensivstationen. Die Unfallchirurgie und die Neurochirurgie, vor 60 Jahren noch Teil der Chirurgischen Klinik, sind inzwischen eigenständige Kliniken geworden. Zusätzlich gibt es eine Abteilung für Sportorthopädie in der Orthopädischen Klinik, in der die Verletzungen von Leistungs- und Freizeitsportlern versorgt werden.

Im Vergleich zu 1958 hat sich die Organisation des Rettungsdiensts insgesamt verändert. Bei einem „Massenanfall von Verletzten (ManV)“, wie er etwa bei einem Flugzeugunglück vorliegt, organisiert die Rettungsleitstelle München die Verteilung der Patienten auf verschiedene Krankenhäuser. Das Klinikum rechts der Isar ist hier eine von wenigen Anlaufstellen für kritische Schwerverletzte, die über sämtliche Versorgungsmöglichkeiten von Neuro-, Gefäß-, Viszeral-, Unfall-, Thorax- und plastisch-rekonstruktiver Chirurgie verfügt.

Foto: Neben Erinnerungsschals überreichten Fans aus Manchester dem Klinikum rechts der Isar zwei Kunstwerke zum Dank für die Versorgung der Verletzten des Flugzeugunglücks (1. Reihe vl: Steve Donoghue, Fan Manchester United, Prof. Markus Schwaiger, Ärztlicher Direktor Klinikum rechts der Isar, Dr. Mark Salzmann, RedDocs Munich, 2. Reihe: Prof. Bernhard Meyer, Prof. Gerhard Schneider, beide Klinikum rechts der Isar), Foto: M. Stobrawe, Klinikum rechts der Isar

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