Münchner Wissenschaftler entschlüsseln Mechanismus im Immunsystem

Münchner Wissenschaftler entschlüsseln Mechanismus im Immunsystem

Neue Perspektiven für Therapieentwicklung bei Infektionen

Wissenschaftler des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM) haben einen Mechanismus zur Aktivierung des Immunsystems entdeckt, der einen wichtigen Beitrag für das Verständnis von Infektionskrankheiten liefert. Prof. Jürgen Ruland, Leiter des Instituts für Klinische Chemie, der bereits seit Jahren auf dem Gebiet der Immunologie forscht, und seine Mitarbeiter stellen ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Immunity*vor.

Die Zellen des angeborenen Immunsystems bilden die vorderste Front der körpereigenen Verteidigung gegen Infektionserreger. Dafür besitzen sie an ihrer Oberfläche eine Vielzahl von Rezeptoren. Diese Proteine erkennen die spezifischen Muster auf eindringenden Mikroben. Nach der Identifizierung von Krankheitskeimen (Pathogenen) sorgen die Rezeptoren dafür, dass Entzündungsstoffe, so genannte Zytokine, ausgeschüttet werden. Damit macht das angeborene Immunsystem auf die drohende Gefahr aufmerksam, die ersten Abwehrprozesse im Körper werden ausgelöst. Zudem koordiniert dieser Mechanismus die anschließende komplexe maßgeschneiderte „erworbene“ oder adaptive Immunität, die ein immunologisches Gedächtnis gegenüber Krankheitserregern vermittelt.

Eine zentrale Klasse von Mustererkennungsrezeptoren bilden die so genannten C-Typ-Lektine. Diese können sowohl Pilze, bestimmte Arten von Viren und Bakterien als auch geschädigte Körperzellen wie Tumorzellen identifizieren. Die internationale Forschungsgruppe um Ruland und die beiden Erstautoren Dominikus Strasser und Dr. Konstantin Neumann konnte nun den grundlegenden molekularen Mechanismus entschlüsseln, durch den diese C-Typ-Lektine die Produktion von Entzündungsstoffen auslösen. Dabei fungiert ein Enzym, die Proteinkinase PKCδ, als Schlüsselmolekül. Nachdem die C-Typ-Lektin-Rezeptoren mikrobielle Bestandteile, zum Beispiel Zellwandbestandteile aus pathogenen Pilzen oder Tuberkulosebakterien, erkannt haben, aktivieren sie die Proteinkinase PKCδ. Dieses Enzym bewirkt dann direkt die Bildung eines nachgeschalteten molekularen Signalkomplexes, des CARD9/BCL10-Komplexes, der die Produktion der Zytokine steuert. Dieser Mechanismus ist essenziell, um die Schutzfunktion des Immunsystems etwa gegen Pilzinfektionen auszulösen.

Mit ihrer Arbeit lieferten die Wissenschaftler wichtige Hinweise für das Verständnis von Infektionserkrankungen. In Zukunft wollen sie untersuchen, inwieweit genetische Defekte in der PKCδ-Signalleitung zu einer erhöhten Infektanfälligkeit beitragen.
Zudem schafft die Entdeckung neue Ansatzpunkte, um das Immunsystem zu Therapiezwecken zu manipulieren. So ist denkbar, dass durch eine gezielte Stimulation der beschriebenen Signalkaskaden die körpereigene Abwehr dazu gebracht werden kann, Immunreaktionen auszulösen. Dies könnte für die Entwicklung von Impfstoffen wichtig sein.
Weiterhin weiß man seit einiger Zeit, dass die Ursache vieler akuter und chronisch entzündlicher Erkrankungen in einer unkontrollierten Aktivität des angeborenen Immunsystems liegt. Heute werden bereits Möglichkeiten klinisch erprobt, wie die PKC-Kinasen durch Medikamente blockiert werden können. Künftig können Forscher gezielt untersuchen, ob das therapeutische Ausschalten speziell der PKC δ -Kinase eine sinnvolle Option bei der Bekämpfung entzündlicher Erkrankungen darstellt.

* Strasser, D., Neumann, K., Bergmann, H., Marakalala, M.J., Guler, R., Rojowska, A., Hopfner, K.P., Brombacher, F., Urlaub, H., Baier, G., Brown, G.D., Leitges, M. & Ruland, J. (2012). "Syk Kinase-Coupled C-type Lectin Receptors Engage Protein Kinase C-delta to Elicit Card9 Adaptor-Mediated Innate Immunity." Immunity. Published online: January 19, 2012; DOI: 10.1016/j.immuni.2011.11.015
 

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