Rückenschmerzen? Neues Behandlungskonzept per Smartphone-App

Rückenschmerzen? Neues Behandlungskonzept per Smartphone-App

Patienten können an wegweisendem e-Health-Projekt in München und Umgebung teilnehmen

Gute Aussichten für Patienten in Bayern, die an Rückenschmerzen leiden. Sie können von einer modernen Behandlung in einem Modellprojekt profitieren: Hausärzte arbeiten über Telemedizin mit Schmerzspezialisten zusammen und entwickeln die beste Behandlungsstrategie für Patienten. Die Patienten erhalten eine medizinische Personal-Trainer-App für das Smartphone, die nach den neuesten Erkenntnissen der Schmerzmedizin entwickelt wurde. Sie bietet Lerninhalte zum „Problemfeld Rücken“ sowie Anleitung zu physiotherapeutischen und Entspannungsübungen. Das oberste Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung des deutschen Gesundheitswesens, der Gemeinsame Bundes­ausschuss, hält eine Modernisierung der Rückenschmerz­behandlung für dringend notwendig. Daher fördert er dieses Projekt. Die Studie wird vom Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München geleitet. Interessenten wenden sich an die Studienzentrale unter Tel. 089 4140-2500 oder riseup.medattum.de. Dort werden sie an einen teilnehmenden Hausarzt vermittelt.

Rückenschmerzen sind in Deutschland ein Volksleiden: Etwa drei von vier Personen geben an, schon einmal von Kreuzschmerzen betroffen gewesen zu sein. Die Zahlen für Operationen und Injektionen an der Wirbelsäule nehmen jedes Jahr zu. Bei 80 Prozent der Betroffenen lassen sich die Schmerzen nicht durch körperliche Veränderungen an Bandscheiben oder Wirbeln erklären. Dann sprechen Mediziner von unspezifischem Rückenschmerz. „In diesen Fällen sind die Eingriffe an der Wirbelsäule sinnlos. Es ist nicht zu erwarten, dass es dem Patienten damit besser gehen wird“, sagt Professor Thomas Tölle, Schmerz­mediziner am Klinikum rechts der Isar, der das Projekt leitet. Da bei etwa einem Drittel der Patienten ein hohes Risiko besteht, dass eigentlich harmlose Rückenschmerzen chronisch werden, muss sich die Behandlung grundsätzlich ändern. Hier setzt das Modellprojekt „Rise-uP“ („Rücken-innovative Schmerztherapie mit e-Health für unsere Patienten“) an: Frühes Eingreifen und die richtige Behandlung sollen den Patienten helfen.

Individuelles Behandlungskonzept

Beim Rise-uP-Projekt erhalten Hausärzte telemedizinische Unterstützung von Schmerzspezialisten, damit sie ihren Patienten die bestmögliche Behandlungsstrategie anbieten können. Die Kombination aus Patient, Facharzt und moderner Technologie ist ein innovativer Ansatz, der sich leicht in den Alltag der Patienten integrieren lässt.

Umfassender Therapieansatz

Die digitale Medizin bringt die Nationale Versorgungsleitlinie für Kreuzschmerz als App aufs Mobiltelefon. Diese Orientierungshilfe für Ärzte von 30 medizinischen Fachgesellschaften empfiehlt zur Behandlung nicht etwa Bettruhe, sondern einen so genannten multimodalen Ansatz mit verschiedenen Therapieelementen. Das weltweit bewährte Konzept umfasst insbesondere körperliches Training und Entspannung sowie Informationen zu den Hintergründen und psychosozialen Zusammenhängen.

20 Minuten täglich

Die Teilnehmer stellen sich zu Beginn bei einem Arzt in ihrer Region vor, der mit dem Projekt kooperiert. Die Patienten sollen für die Übungen täglich etwa 20 Minuten einplanen und möglichst an vier bis fünf Tagen in der Woche aktiv sein. Sie erhalten kostenlos die zertifizierte Rücken-App. Diese schlägt ihnen täglich Videos mit Entspannungs- und Bewegungsübungen vor, die von Physiotherapeuten, Ärzten und Psychologen konzipiert wurden. Zusätzlich bekommen die Patienten Informationen zur Entstehung von Rückenschmerz, den Sinn und Unsinn von Bildgebung, Medikamenten und anderen Maßnahmen, die landläufig für die Behandlung von Rückenschmerzen empfohlen werden.

Für die Patienten hat diese Form von digitaler Medizin den Vorteil, dass sie zu jeder Tageszeit und an jedem Ort Übungen spontan durchführen können. Als treuer Begleiter spricht die App bei Bedarf eine sanfte Erinnerung an die anstehenden Übungseinheiten aus.

Positive Rückmeldung von Ärzten und Patienten

Dr. Georg Endisch aus München-Haar betreut Patienten innerhalb der Rise-uP-Studie: „Unsere Patienten sind mit dem Behandlungskonzept von Rise-uP sehr zufrieden. Das Programm hilft ihnen, die Übungen zu verinnerlichen und gezielt zu entspannen. Als Resultat fühlen sie sich deutlich leistungsfähiger und können dadurch ihr Leben wieder mehr genießen.“

Voraussetzungen für die Teilnahme am Modellprojekt

Die Betroffenen müssen zwischen 18 und 65 Jahren alt sein. Sie sollten nicht länger als etwa zwölf Wochen unter Rückenschmerzen leiden oder periodisch wiederkehrende Rückenschmerzen empfinden. An dem Projekt teilnehmen können Versicherte der AOK Bayern, der Barmer und der DAK.

 

Kontakt:

Paul Stockert

Zentrum für interdisziplinäre Schmerzmedizin

Klinikum rechts der Isar der TUM

Tel. 089 4140-2500

E-Mail: riseup.medattum.de

Menschen mit Rückenschmerzen erhalten über die App auf dem Smartphone Anleitungen zu Bewegungs- und Entspannungsübungen (Bild: Klinikum rechts der Isar)
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