"Brauchen wir eine neue Sterbekultur"

"Brauchen wir eine neue Sterbekultur"

Rettungsmediziner und Autor Dr. Michael de Ridder spricht am Klinikum rechts der Isar

Der Berliner Rettungsmediziner Dr. Michael de Ridder prangert das oft unwürdige Sterben in Krankenhäusern an und fordert, das Ende des Lebens menschlicher zu gestalten. Im Rahmen der Ringvorlesung „Humanität in der Medizin“ am Klinikum rechts der Isar hält de Ridder am Mittwoch, den 1. Juni 2011 einen Vortrag zum Thema „Medizin am Lebensende – vom Sinn und Unsinn der Lebensverlängerung“. Beginn ist um 18.00 Uhr im Hörsaal B, Ismaninger Straße 22.

Der Tod wird in unserer Gesellschaft immer mehr ins Krankenhaus verlagert. Hochleistungsmedizin kommt – auch bei aussichtslosen Fällen – bis zur letzten Sekunde zum Einsatz. Erst in den letzten Jahren verschafft sich die Palliativmedizin mit ihrer Forderung nach einem würdigen Sterben Gehör. Dr. de Ridder, der seit über dreißig Jahren als Internist, Rettungs- und Intensivmediziner tätig ist, hat ein Buch mit dem Titel „Wie wollen wir sterben?“ verfasst. In diesem plädiert er für Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende.

Aus seiner Erfahrung in einer Berliner Rettungsstelle kritisiert er, dass sich Ärzte nicht selten über den Willen des Patienten hinweg setzen und alles tun, was medizinisch und technisch möglich ist. So tragen sie eher zur Sterbeverzögerung als zur sinnvollen Lebensverlängerung bei. Aber Lebensverlängerung, so de Ridder, darf nie zum Selbstzweck werden. Er fordert, dass die Würde des Menschen und das Recht auf Selbstbestimmung auch und gerade bei aussichtslos kranken und alten Menschen respektiert und gewahrt bleiben müssen. Er plädiert dafür, eine Liste von aussichtslosen Therapien zu definieren. Damit könnte etwa die Gefahr verringert werden, dass Menschen nach einer Reanimation im Wachkoma zurückbleiben – ohne Aussicht auf eine Verbesserung ihres Zustands.

Michael de Ridder fordert die Gesellschaft auf, Sterben wieder als Teil des Lebens wahrzunehmen und anzuerkennen. Besonders die Ärzte erinnert er daran, dass sie nicht nur einen Heilungsauftrag haben, sondern auch einen Auftrag, ein gutes Sterben zu ermöglichen. Diese beiden sind als ethisch gleichrangig zu betrachten.
 

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