Myopathien: Schneller zur Diagnose dank neuer S1-Leitlinie

Myopathien: Schneller zur Diagnose dank neuer S1-Leitlinie

Patient*innen mit Muskelerkrankungen müssen oft sehr lang auf die richtige Diagnose warten. Bei einigen bleibt die Ursache ihrer Beschwerden sogar unerkannt. Ändern soll das jetzt die neue „S1-Leitlinie „Diagnostik von Myopathien“ - federführend koordiniert von Prof. Marcus Deschauer, Oberarzt am Neuro-Kopf-Zentrum des Universitätsklinikums rechts der Isar.

Noch vergehen manchmal Jahre bis zur Diagnose

„Gerade bei genetisch bedingten Muskelerkrankungen vergehen bisher im Mittel mehrere Jahre bis zur Diagnose“, sagt Deschauer. Eine Verzögerung kann gravierende Folgen haben: „Die diagnostische Unsicherheit belastet Patient*innen nicht nur psychisch“, erklärt der Experte. Eine späte Diagnose könne auch bei Formen der Myopathie, die behandelbar sind, zu bleibenden Schäden führen. Denn: Eine Therapie könne eine bereits fortgeschrittene Muskelschwäche oft nicht mehr rückgängig machen. „Um einer Behinderung vorzubeugen, ist eine frühe Diagnose also entscheidend.“ Und nicht nur dafür: Bei einer erblichen Form können Angehörige Betroffener auch oft von einer genetischen Beratung profitieren. Möglich ist das aber eben nur dann, wenn die Erkrankung zumindest bei einem Familienmitglied erkannt wurde. Bleibt die Ursache der Beschwerden jedoch unklar, lasse sich zudem nur schwer vorhersagen, wie sich diese entwickeln. „Eine Prognose ist dann schwierig.“

Ändern soll das jetzt die neue S1-Leitlinie „Diagnostik von Myopathien“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). Expert*innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben hierzu Wissen und Erfahrung beigetragen – auch Deschauer, selbst Spezialist auf dem Gebiet der neuromuskulären Erkrankungen. Sie soll Mediziner*innen aktuelle Empfehlungen an die Hand geben, die ihnen dabei helfen, früher an die Möglichkeit einer Myopathie zu denken und auch schneller zur Diagnose zu kommen.

Patient*innen sollten früh in ein spezialisiertes neuromuskuläres Zentrum

Ganz wichtig dabei: dass Patient*innen früh in ein spezialisiertes, neuromuskuläres Zentrum kommen. Denn obwohl Myopathien insgesamt gar nicht so selten sind, gehören dazu viele Muskelerkrankungen, die sehr verschieden und oft selten sind. Für die Diagnose braucht es daher Spezialist*innen. Einige Untersuchungsmethoden werden zudem fast nur in Kliniken angeboten, die wie das Klinikum rechts der Isar schwerpunktmäßig Patient*innen mit neuromuskulären Erkrankungen behandeln.

Zu diesen Methoden gehören insbesondere neue, molekulargenetische Untersuchungen. Bei Myopathien werden solche genetischen Analysen immer wichtiger. So sind mittlerweile rund 300 Gendefekte bekannt, die dazu führen können, heißt es in der neuen Leitlinie. Verbesserte Verfahren zur DNA-Sequenzierung („next generation sequencing“) erlauben es, in kurzer Zeit sehr viele Gene auf solche Defekte hin zu untersuchen. Patient*innen mit erblichen Formen der Myopathie („hereditäre Myopathien“) kommen so deutlich rascher zu einer Diagnose. Und nicht nur das: Inzwischen sind auch immer mehr Therapien verfügbar, die abhängig von der Art des Gendefekts gewählt werden. Das macht eine frühe Untersuchung in spezialisierten Einrichtungen mit der Option moderner molekulargenetischer Untersuchungen noch einmal wichtiger.

Prof. Marcus Deschauer, Oberarzt am Neuro-Kopf-Zentrum des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM).

Foto: Thomas Einberger, argum

Beteiligte Fachbereiche und Kliniken: 
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