Toxikologe des Giftnotrufs München warnt: Mehr Vergiftungen durch Herbstzeitlose

Toxikologe des Giftnotrufs München warnt: Mehr Vergiftungen durch Herbstzeitlose

Herbstzeitlose statt Bärlauch verzehrt: In Bayern ist die Zahl gefährlicher Verwechslungen erneut gestiegen – mehr Beratungen des Giftnotrufs München am Universitätsklinikum rechts der Isar.

Beim Giftnotruf München am Universitätsklinikum rechts der Isar der Technischen Universität München gehen seit Wochen deutlich mehr Notrufe ein, die sich auf mögliche Vergiftungen mit „Colchizin“ beziehen. Gemeint ist das Gift der Herbstzeitlose, das in den Blättern, Zwiebeln, Blüten und Samen der Pflanzen enthalten ist. Es kann bereits in kleiner Menge – schon wenige Blätter reichen aus – bedrohliche und potenziell sogar tödliche Vergiftungen auslösen. Der Hintergrund dieser auffälligen Häufung: Die Blätter des essbaren Bärlauch (Allium ursinum) ähneln denen der giftigen Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale). Da beide Pflanzen zudem oft unmittelbar nebeneinander wachsen, kommt es beim Sammeln häufig zu Verwechslungen. 

Vergiftung mit Herbstzeitlose kann tödlich sein

Der Verzehr von Blättern der Herbstzeitlose kann gravierende Folgen haben: „Typische Symptome sind Magenkrämpfe, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, die bereits früh nach dem Verzehr auftreten“, sagt Prof. Florian Eyer, Chefarzt der Abteilung für Klinische Toxikologie am Universitätsklinikum rechts der Isar der Technischen Universität München und Giftnotruf München. „Im weiteren Verlauf können Störungen der Leber- und Nierenfunktion, der Blutgerinnung, des Knochenmarks sowie Herz-Kreislauf-Störungen hinzukommen.“ Die Folgen der Vergiftung können bis hin zu einem Multiorganversagen reichen, das meist innerhalb von 24 bis 36 Stunden nach der Mahlzeit einsetzt. „Das kann leider auch tödlich verlaufen“, erklärt Eyer.

Die Expert*innen des Giftnotrufs München warnen daher dringend davor, Bärlauch für den Genuss zu sammeln, wenn man dessen Blätter nicht ganz sicher von anderen giftigen Pflanzen unterscheiden kann. Dabei sollte man nicht nur auf den knoblauchartigen Geruch der Bärlauch-Blätter achten. Beim Sammeln riechen nämlich schnell auch die eigenen Finger nach Knoblauch. Wer sich dann allein auf den Geruch verlässt, riskiert Vergiftungen. Neben der Herbstzeitlose werden Bärlauch-Blätter manchmal auch mit den Blättern der ebenfalls giftigen Maiglöckchen verwechselt. 

Giftnotruf München berät überregional

Doch was tun, wenn eine vermeintliche Bärlauch-Mahlzeit anders schmeckt als gewohnt? Auf keinen Fall einfach weiteressen! Zudem sollte man „Reste der Mahlzeit für eine spätere Untersuchung im Labor aufheben“, rät Eyer. Beschwerden treten oft bereits innerhalb der ersten Stunden nach dem Essen auf. Dann sollte man nicht zögern und sich sofort an den Giftnotruf München wenden – unter Tel. 089/19240  – und Kontakt zu seinem Hausarzt/seiner Hausärztin aufnehmen! Mit einer raschen klinischen Untersuchung und Laboranalyse lassen sich bereits früh gefährliche Verläufe erkennen. 

Beim Giftnotruf können sich nicht nur Betroffene aus dem Münchner Raum beraten lassen, sondern auch überregional. Am Universitätsklinikum rechts der Isar angesiedelt, erhalten Anrufer*innen dort nicht nur eine Beratung durch eine hochspezialisierte Einrichtung für klinische Toxikologie. Bei Bedarf können sie am Klinikum – einem Haus der Supramaximalversorgung – auch behandelt werden. Eine Anbindung, wie sie deutschlandweit einmalig ist.

Mehr Beratungen nach Verwechslungen

In Bezug auf Bärlauch und seinen giftigen Doppelgängern ist die Beratung des Giftnotrufs München dabei immer öfter gefragt: 2017 wurden 82 Anrufer*innen durch die Expert*innen beraten, 2018 waren es 71, im Jahr 2019 dann 75 Anrufer*innen. Einen deutlichen Anstieg hat man 2020 mit 93 Beratungen registriert. In diesem Jahr (2021) zählt der Giftnotruf sogar bereits in den Monaten Februar, März und April 72 Anrufe. Darunter waren auch schwer verlaufende Vergiftungsfälle. Denkbare Ursachen für diesen Anstieg: Viele Menschen kochen in der Corona-Pandemie häufiger zuhause. Auch der Trend, sich grüne Smoothies zuzubereiten, könnte eine Rolle spielen. Eine klare Ursache lässt sich aktuell allerdings nicht sicher belegen. 
 

Prof. Florian Eyer, Chefarzt der Abteilung für Klinische Toxikologie am Universitätsklinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM).

Prof. Florian Eyer, Chefarzt der Abteilung für Klinische Toxikologie am Universitätsklinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM).

Foto: Andreas Heddergott, TUM

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