Covid-19: Der Selbst-Abstrich ist praxistauglich

Covid-19: Der Selbst-Abstrich ist praxistauglich

Ist das Ergebnis eines PCR-Tests auf das neue Coronavirus auch dann zuverlässig, wenn Testpersonen den Rachenabstrich selbst vornehmen? „Im Grunde schon“, zeigt eine aktuelle Studie des Universitätsklinikums rechts der Isar, die im Fachjournal „Infection“ erschienen ist („Self-sampling versus health care professional-guided swab collection for SARS-CoV-2 testing“). Für die Untersuchung hatten 58 Teilnehmer*innen je zwei Mundrachen-Abstriche an sich selbst durchgeführt, die im Abstand von 48 Stunden zur Diagnostik versendet wurden. Zum Vergleich wurde bei allen zusätzlich je ein Rachen-Abstrich durch medizinisches Personal vorgenommen. Das Ergebnis: Die Sensitivität der Tests war mit 78 Prozent beim ersten und 77 Prozent beim zweiten Selbst-Abstrich kaum geringer als bei einem Test durch geschultes Personal. Doch was bedeutet das für den Einsatz im Alltag? Eine Einschätzung von Priv.-Doz. Dr. Christoph Spinner, Infektiologe und Pandemiebeauftragter des Klinikums.

Ein PCR-Test ist auch dann noch recht treffsicher, wenn der Rachen-Abstrich selbst durchgeführt wurde. Welche Schlüsse ziehen Sie daraus für die Praxis?

Unsere Studie zeigt in der Tat, dass die Empfindlichkeit der SARS-CoV-2-PCR-Diagnostik bei einem selbst entnommenen Rachen-Abstrich zwar geringer ist als bei einem Rachen-Abstrich durch medizinisches Personal. In vielen Situationen ist dieser Verlust an Empfindlichkeit aber akzeptabel. Lässt man Proband*innen nicht nur einen, sondern zwei Rachen-Abstriche entnehmen, ist die Sensitivität im Vergleich zum Abstrich durch medizinischen Personals sogar fast vergleichbar.

Was ist das größte Problem bei PCR-Tests auf Basis selbst genommener Abstriche?

Das Hauptproblem liegt in der Qualität der Abstrich-Entnahme. Dazu passt auch ganz gut, dass bei Proband*innen, die während des Selbst-Abstrichs keinen Würgereiz verspürten, die Viruslast häufiger niedriger war als beim Abstrich durch geschultes Personal. Zusammenfassend lässt sich aber sagen, dass selbst entnommene Abstriche mit einer nur etwas geringeren Empfindlichkeit einhergehen und uns daher für die Praxis gut geeignet erscheinen.

Wo könnten Selbst-Abstriche sinnvoll eingesetzt werden?

Selbst-Abstriche für eine SARS-CoV-2-PCR könnten vor allem zusammen mit telemedizinischen Behandlungsmethoden interessant sein. So untersuchen wir in einem Nachfolgeprojekt im Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) einen App-basierten Ansatz, der einen Selbst-Abstrich für die PCR-Diagnostik vorsieht. So ein kontakt- und ressourcenschonendes Vorgehen wäre zum Beispiel für Reihenuntersuchungen gut geeignet.

Wann sollte man beim Abstrich lieber auf geschultes Personal setzen?

Wenn eine hohe Genauigkeit des Abstrichs erforderlich ist – zum Beispiel, wenn jemand ein Zertifikat über ein negatives Testergebnis benötigt. Dann ist ein professionell entnommener Nasen-Rachenabstrich am zuverlässigsten. Alternativ könnte man über andere Wege nachdenken. So gibt es beispielsweise auch Apps, die die Abstrich-Entnahme begleiten und deren Qualität beurteilen können.

Lassen sich aus den Ergebnissen der Studie auch Rückschlüsse auf die Zuverlässigkeit eines Selbst-Abstrichs für einen Antigen-Schnelltest treffen?

Nein, nur indirekt. Für Antigen-Schnelltests werden sowohl professionell entnommene Nasen-Rachen- oder Rachen-Abstriche genutzt als auch selbst entnommene Abstriche aus dem Nasen-Vorhof oder Rachen. Allerdings zeigen auch andere Studien, dass die Qualität des Abstrichs besonders entscheidend ist. Die Lagerung und der Transport der Abstriche über viele Stunden bis Tage spielen hingegen wohl nur eine untergeordnete Rolle.

An der Studie haben nur 58 Proband*innen teilgenommen. Reduziert das die Aussagekraft?

Die Untersuchung wurde als „Proof of Concept“-Studie konzipiert. Das heißt: Sie sollte klären, ob dieses Vorgehen prinzipiell funktioniert. Entsprechend wurde auch die hierfür nötige Zahl an Teilnehmer*innen berechnet. An den Beobachtungen und Schlussfolgerungen ändert die Zahl der Studienteilnehmer*innen also nichts – und schmälert auch nicht die Aussagekraft.

 

Foto: Priv.-Doz. Dr. Christoph Spinner (Foto: Klinikum rechts der Isar).

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